Wir lieben Hotels. Ganz offensichtlich tun wir das. Und all die Vorzüge, die Hotels mit sich bringen, wissen wir auch zu schätzen. Aber auch wir sind einem kleinen Abenteuer nicht abgeneigt. Und so kam es, dass unsere Autorin zwei Wochen mit einem Campingbus durch Osteuropa gereist ist. Ein Sommerurlaub ohne einen einzigen Hotelaufenthalt? Ja, das ist möglich. Und dabei kann man jede Menge entdecken.
Dieses Jahr wollten wir uns ohne große Planung vorab vor allem nach dem Wetter richten und einfach mit unserem Campingbus losfahren. Alles möglichst ohne Internet, also auch ohne Navigation, hauptsächlich gestützt auf unseren Straßenatlas “Europa”. Italien und Frankreich waren als die Klassiker im Spiel, aber irgendwie langweilig. Skandinavien flog schnell wegen der Mücken und des nur in geringem Maße vorhandenen, nationalen Weins raus. Und so kam recht schnell “Osteuropa” aufs Tableau. Die Vorteile lagen auf der Hand: es ist von Berlin aus schnell zu erreichen, die Landschaft ist vielfältig, für das leibliche Wohl ist gesorgt, es ist günstig und man trifft hoffentlich nicht auf allzu viele andere Touristen. Offen blieb die Frage, wo wir anfangen sollten. Wie der Zufall es wollte, erhielten wir unseren ersten Tipp während eines Zwischenstopps von einem Wirt in Lauterhofen, der eben aus seinem Urlaub zurückgekommen und restlos begeistert war. Český Krumlov. Von dem Ort hatten wir noch nie gehört, aber das machte es umso besser.
Tschechien
Viele der Grenzen in Europa sind zum Glück nach wie vor offen. Daher merkt man manchmal gar nicht sofort, dass man das Land gewechselt hat. Fährt man vom Bayrischen in den Böhmischen Wald verrät die unveränderte Landschaft nichts über den Grenzübertritt. Mithilfe unseres Atlasses hatten wir mittlerweile herausgefunden, dass der schönste Weg zu der kleinen Stadt Krumau an der Moldau (deutsch für Český Krumlov) durch den Nationalpark Šumava führt. Schnell stellen wir fest, dass viele andere Touristen offensichtlich besser informiert sind und wir die Stadt somit nicht ganz für uns haben. Wie der Name schon sagt, fließt die Moldau durch Krumau, was viele Angereiste als Anlass für eine kleine Rafting-Tour nehmen. Trockenen Fußes und weniger gefährlich kann man sich die historische Altstadt, die zum UNESCO-Welterbe gehört oder die Burg aus dem 13. Jahrhundert ansehen. Ebenfalls spannend ist die Freilichtbühne, die sich dreht und somit einen Kulissenwechsel überflüssig macht. Um zu Verschmerzen, dass wir nicht in Italien sind, lassen wir uns eine Pizza bei Nonna Gina schmecken.
Slowenien
Von Tschechien fahren wir durch Österreich nach Slowenien. Da das Wetter in Maribor Regen im Programm hat, geht es weiter ins Landesinnere. Bei Tabor finden wir einen traumhaft schönen Campingplatz mit nur fünf Stellplätzen und einer kleinen Pension mitten im Grünen. Tagsüber hören wir kaum ein menschliches Geräusch und nachts haben wir nur Augen für die zahllosen Sterne über uns: Der ideale Ort zum Entspannen, Lesen und … ja, da war doch noch was. Wir wollten in diesem Urlaub auch Sport machen. Daher hatten wir diverse Kletterführer und sämtliches Equipment eingepackt. Die vielen Kletterspots in der Umgebung sind hervorragend gesichert und gut zugänglich. Da können zwei Tage an der Wand auch mal wie im Flug vergehen.
Kroatien
Wer hätte es gedacht: selbst in Kroatien gibt es noch menschenleere Orte. Wenn man sich einige Kilometer von der Küste wegbewegt, nimmt die Anzahl der Menschen ab. Zwar muss man dann aufs Meer verzichten, dafür hat man einen wahnsinnigen Ausblick über die Hügel und wunderschöne Wanderwege ganz für sich allein. Der Campingplatz, auf dem wir Zuflucht gefunden haben, legt Wert auf Ruhe und schätzt seine abgeschiedene Lage. Ein weiterer Umstand, der viele Gäste abschreckt, ist der Mangel an Strom und heißem Wasser. Hat man den Weg erstmal gefunden, wird man belohnt. Wir verraten nur so viel: im Norden der Halbinsel Istrien bei Buzet versteckt sich der idyllische Ort auf einem Plateau und ist damit nicht nur bei Kletterern, sondern auch bei Gleitschirmfliegern beliebt. Wir bleiben am Boden, nutzen den tollen Wind aber dennoch und lassen unseren Drachen steigen.
Slowenien
Weil es so schön war und ja quasi auf dem Weg liegt, fahren wir noch ein zweites Mal durch Slowenien. Dieses Mal allerdings mit einem klaren Fokus: Wein. In Bela Krajina, einer Region rund um die Gemeinden Metlika, Črnomelj und Semič befinden sich viele Weinberge und einige Winzer. Durch die Empfehlung eines Einheimischen sind wir auf die Familie Prus gestoßen Vinska Klet Prus, die schon seit mehreren Generationen Wein anbaut und mittlerweile auch internationale Auszeichnungen erlangt hat. Nach einer Tour durch den Weinkeller, bei der wir auf Grund unserer mangelnden Kenntnisse der slowenischen Sprache nicht wirklich viel verstehen, wird unser Durchhaltevermögen in Form einer Weinprobe belohnt. Hier bedarf es zum Glück weniger Worte. Erst im Nachhinein haben wir – nun doch mal kurz mit Hilfe des Internets – noch etwas zu der Weinbank recherchiert, die sich auf dem Weingut befindet und in der sich jeder Weinkenner ein Schließfach mieten kann, um den eigenen Wein unter den genau richtigen Bedingungen zu lagern. Aber warum lagern, wenn man trinken kann…
Ungarn
Mit einer Kiste Wein im Gepäck – das ist der Vorteil, wenn man mit dem Auto verreist – nutzen wir die kroatische Autobahn und fahren ins benachbarte Ungarn. Zwar muss man hier Maut zahlen, aber diese Investition lohnt sich. Erst wenn man einen ganzen Tag für wenige Kilometer auf schlechten Straßen oder Bergpässen verbringt, weiß man Autobahnen wirklich zu schätzen. Weil uns die Neugier treibt, wechseln wir in Ungarn dann doch auf Landstraßen und kurven an den Ufern des Balatons entlang. Keiner der Orte wirkt so richtig einladend, weshalb wir weiter bis nach Szentendre fahren. Ein Ort, der durch unseren Atlas mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde. Ein gutes Zeichen, wie wir mittlerweile wissen. Nicht nur der leckere (und günstige) Wein oder die Lage an einem Seitenarm der Donau, sondern auch die hübsch dekorierte Innenstadt sorgen für Begeisterung. Für alle historisch Interessierten gibt es hier jede Menge Inspiration für Lesestoff: schon in der Steinzeit lebten Menschen in diesem Gebiet, die Kelten waren dort, die Römer, die Türken und auch die Donauschwaben. Ab den 1930er Jahren siedelte sich eine Künstlerkolonie in der Barockstadt an und gründete verschiedene Galerien, die seitdem für diverse Ausstellungen sorgen. Und wenn man schon so nah dran ist, kann man sich eine kleine Stippvisite in Budapest nicht verkneifen. Die kanpp 30 Kilometer bewältigen wir mit Bus und Bahn und lassen uns dann in der Hauptstadt durchs Gewühl treiben. Diverse Biergärten laden zum Verschnaufen ein, die Geschäfte zwischen den Straßen Krály utca und Dohány utca zum Shoppen und das Szimpla Café vertreibt kaum vorhandenes Heimweh nach Berlin.
Polen
Das letzte Land unserer Tour ist uns von einigen Wochenendausflügen ein wenig vertrauter als die anderen Ziele dieses Urlaubs, aber die Städte Krakau und Breslau kennen wir noch nicht. Krakau war bis 1596 Hauptstadt des Königreichs Polen und ist für ihren gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern und ihr jüdisches Viertel bekannt. Außerdem sitzt hier nach Prag die zweitälteste mitteleuropäische Universität. Die Stadt hat also einiges zu bieten und so fällt der Abschied sehr schwer. Hier waren wir sicherlich nicht zum letzten Mal. Breslau oder auf Polnisch Wroclaw war im Jahr 2016 Kulturhauptstadt Europas, weswegen es kaum überrascht, dass die Stadt vollgestellt ist mit Kunst. Nicht nur die Museen und Galerien, sondern auch buchstäblich die Straßen. Überall findet man Zwerge, die zunächst in den 1980er Jahren als Kritik am kommunistischen Regime in Polen aufgestellt wurden und mittlerweile von Kunststudenten und Gewerbetreibenden weiterverbreitet werden. Während unserer Entdeckungstour locken uns Konzertklänge auf die Dachterrasse des Hotel Monopol, die ein großartiges Panorama und leckere Drinks im Angebot hat. Somit waren wir zwar nicht in, aber auf einem Hotel und verbringen einen herrlichen letzten Urlaubsabend bei Live-Musik und lauen Sommertemperaturen.