Feliz Navidad (Teil 3)

Weihnachten… In meiner Traumvorstellung, die etwa aussieht wie bei „Liebe braucht keine Ferien“, ist alles weiß und voller Schnee. Leider passt sich die Realität in Berlin nicht ganz an diese Wünsche an. Daher nehme ich dieses Jahr mein Schicksal selbst in die Hand und mache etwas ganz anderes. Ich kümmere mich um meinen Vitamin D-Spiegel und fliege in die Sonne.

Innenhof Riad
Innenhof Riad

02.01.2020:

Mit einem weiteren Zwischenstopp vor dem Heimflug verlassen wir die schöne Kanareninsel. So fällt der Abschied nicht ganz so schwer. Ein sehr kleines Flugzeug bringt uns zunächst nach Gran Canaria, wo wir dann in ein etwas größeres Flugzeug Richtung Marrakesch umsteigen. Weil wir vermehrt vor den teilweise anstrengenden Preisverhandlungen mit den Taxifahrern gewarnt wurden, greifen wir auf das Transportangebot unseres Riads zurück. Riads sind traditionelle marokkanische Häuser mit einem Innenhof bzw. inneren Garten. Der Begriff leitet sich vom arabischen Wort für Garten, riyāḍ, ab. Insofern ist es nicht überraschend, dass die kleinen Hotels viel Wert auf diesen Innenhof legen. Auch wir profitieren von der angenehmen Ruhe und Kühle nach einer rasanten Fahrt durch die engen Gassen. Mit dem üblichen Begrüßungstee in der Hand machen wir eine erste Erkundungstour durch das verwinkelte Haus bis auf die Dachterrasse mit einem wunderbaren Ausblick über die Stadt.

Die Übernachtung in einem Riad gehört in Marrakesch zum guten Ton. Klar gibt es auch diverse große Hotelketten, aber wer so richtig in die Stadt, vor allem die Altstadt, eintauchen will, sollte sich in einem Riad einquartieren. Hier gibt es kleine und günstigere Häuser wie das Dar Wada und etwas größere mit mehr Luxus wie das 72 Riad Living. Gemeinsam ist allen die gemütliche Einrichtung, der unglaublich persönliche Service und die schöne Gestaltung der vielen kleinen Höfe, Balkone und Terrassen. Da möchte man das Gebäude fast gar nicht verlassen.

Wir geben uns einen Ruck, werfen das Gepäck im Zimmer ab und ziehen bequeme Schuhe an. Auf geht´s ins Getümmel. Marrakesch ist eine Herausforderung für alle Sinne. Zwar haben wir einen Stadtplan, wir entscheiden aber schnell, dass wir uns einfach treiben lassen. Wir haben eh den Überblick verloren, wo genau wir uns befinden.

In den Souks von Marrakesch
In den Souks von Marrakesch
Viele enge Gassen machen die Orientierung nicht immer leicht
Viele enge Gassen machen die Orientierung nicht immer leicht

Da der Hunger mittlerweile immer größer wird, inspizieren wir die vielen Möglichkeiten der Verpflegung. Die Auswahl an “Street-Food” im klassischen Sinne ist groß. Es gibt verschiedene Sandwiches, Suppen, Couscous mit Buttermilch, Fleischspieße und vor allem Süßigkeiten.

Street Food
Street-Food in Marrakesch

Gestärkt durch unser Picknick im Stehen, schaffen wir es irgendwann auch wieder raus aus den Souks. Den Sonnenuntergang erleben wir auf einem der größeren Plätze im alten jüdischen Viertel. Nach den engen Gassen ist so viel Platz eine Wohltat.

Sonnenuntergang in Marrakesch
Sonnenuntergang in Marrakesch

03.01.2020:

Ich wollte so gern ins Yves Saint Laurent Museum… Nach den positiven Erfahrungen in Madrid habe ich mich vorab nicht weiter um Tickets bemüht. Daher machen wir uns ganz naiv am frühen Vormittag auf den Weg dorthin, nur um festzustellen, dass schon hunderte Menschen vor dem Museum anstehen. Beim Jardin Majorelle sieht es nicht anders aus. Das wird also nichts.

Daher begeben wir uns wieder Richtung Altstadt und starten unsere strategische Shopping-Tour. Auch wenn wir Weihnachten zu Hause geschwänzt haben, brauchen wir ein paar Geschenke. UNd wo könnte man besser einkaufen, als hier. Das fällt allerdings leichter, wenn man eine grobe Orientierung hat: sowohl was Navigation betrifft, als auch die Preise.

In der Nähe des Königspalastes
In der Nähe des Königspalastes

Beim Einkaufen konzentrieren wir uns auf gut transportierbare Gegenstände wie Gewürze, Tees, Tücher und Schuhe… Ja gut, Schuhe kann man nicht wirklich gut transportieren. Aber so schöne Exemplare wie die bei Art Marracuir habe ich lange nicht mehr gesehen. (Man kann hier fast alle Farben und Muster mixen. So viel Auswahl!)

Stores
Links: Schuhgeschäft Art Marracuir. Rechts: Lampen wie in 1001 Nacht

Die theoretischen Regeln beim Verhandeln sind allen hinlänglich bekannt. Die praktische Umsetzung ist dann aber doch nicht immer so leicht. Wir gucken uns etwas an, erfragen den Preis, machen ein entsetztes Gesicht, bieten viel weniger und warten was passiert. Geht der Verkäufer zu schnell darauf ein, wissen wir, dass wir zu hoch angesetzt haben. Angespornt von den ambitionierten Verkaufsgesprächen werden wir immer besser und haben am Ende den Eindruck, dass wir uns gar nicht so schlecht schlagen. Das haben die cleveren Marktleute vermutlich auch schon mit eingepreist.

Obwohl es Spaß macht, ist das Einkaufen anstrengend, weswegen wir uns irgendwann wieder raus aus den Souks begeben und uns in einen der vielen Gärten setzen, um zu verschnaufen, das schöne Wetter zu genießen und das Treiben zu beobachten.

Orangenbaum
Orangenbaum in einem der vielen Parks

Da heute unser letzter Urlaubstag ist, wollen wir noch einmal essen gehen. Wir wägen lange ab, entscheiden uns dann aber trotz der müden Beine gegen das Angebot in unserem Riad und laufen ein paar Schritte zum Bazaar Cafe. Hier erwartet uns eine großartige Dachterrasse, leckerer Wein und eine große Auswahl an Tajines. Ich entscheide mich für Rind, Datteln und Mandeln und bereue meine Entscheidung nur bei der Frage nach dem Nachtisch: ich bin leider viel zu satt von dem köstlichen Schmorgericht. Um ähnlich tolle Speisen auch zu Hause zaubern zu können, kann man einen Kochkurs buchen. Die meisten Anbieter treffen sich mit einer kleinen Gruppe auf dem Markt, kaufen frische Zutaten ein und bereiten diese dann auf traditionelle Weise zu. Ein Spaß, der uns auf Grund fehlender Zeit leider nicht mehr vergönnt war.

Spices and Tanger
Links: Es gibt auch feste Preise für die verhandlungsunwilligen Touristen. Rechts: Tajine im Bazaar Cafe

04.01.2020:

Der letzte Tag unseres schönen Weihnachtsurlaubs bricht an. Wir frühstücken noch einmal ausgiebig, genießen die Sonne auf der Dachterrasse und unternehmen einen letzten Bummel durch die Stadt. Wir schlendern an der Moulay El Yazid Moschee vorbei, trinken noch ein letztes Mal einen gewürzten Kaffee (wahrscheinlich kommt der Geschmack von Nelke und Kardamom) und werfen einen Blick ins vermutlich berühmteste Hotel der Stadt. Das La Mamounia beherbergt exklusive Kundschaft wie die Clintons, Naomi Campbell und Tom Cruise. Und für einen kurzen Aufenthalt in dem vor dreihundert Jahren angelegten Garten auch uns. Damals war dieser 72.000 m² große Park der Augapfel des Königs – zurecht. Der Lärm und all die Gerüche der Stadt sind nicht mehr zu vernehmen und man taucht erneut ein in eine andere Welt. Wer seinen süßen Zahn noch weiter füttern möchte, gönnt sich am besten ein Macaron von Pierre Hermé im Café im hinteren Teil des Gartens. Für uns ist es leider Zeit zum Flughafen aufzubrechen. Aber obwohl wir “nur” 14 Tage unterwegs waren, fühlt es sich an, als seien wir Wochen auf Reisen gewesen. All die verschiedenen Erlebnisse und Unternehmungen werden noch lange in Erinnerung bleiben. Mehr als jedes andere Weihnachtsgeschenk.

Mamounia
Links: Moulay El Yazid Moschee. Rechts: Pool im La Mamounia