Les Bains Paris hebt sich von der Masse ab. Einst war es ein Spa, dann ein Nachtclub, bevor es in das luxuriöse Boutique-Hotel verwandelt wurde, das es heute ist. Durch alle Phasen hindurch blieb eine Sache immer konsistent bestehen: unfassbarer Erfolg.
Es gibt eine ikonische Szene in dem übercoolen Film von Jean-Luc Godard aus dem Jahr 1964 Band à part (im Deutschen bekannt als Die Außenseiterbande), in dem die drei Hauptcharaktere durch den Louvre rennen, gegen Museumswärter stoßen und Kunstwerke links liegen lassen, die Jahrhunderte umfassen. Das ist, auf eine gewisse Weise, nicht zu unterschiedlich von der Erfahrung, die Gäste vielleicht im Les Bains Paris machen; diesem unmöglich hippen Hotel, das eine Geschichte der (verrückten) Querdenker verkörpert, die sich über drei Jahrhunderte erstreckt.
Seit den späten 1800er Jahren hat das legendäre Les Bains sowohl le tout Paris als auch die Crème de la Crème Hollywoods angezogen. Es war Schauplatz von Künstlern wie Bowie, Jagger und Warhol und diente als Leinwand für den jungen Philippe Starck. Es war sowohl Schauplatz von Pop-up-Shows unbekannter Straßenkünstler als auch ein Ort, an dem die frühen Impressionisten zur Ruhe kamen. Es hat ein ungeheures Erbe, und das alles bereits, bevor es zu einem der aufregendsten Hotels der Welt wurde.
Der jetzige Besitzer, der Filmproduzent und Regisseur Jean-Pierre Marois, hat ein echtes Interesse daran, dass das Haus seinem Konzept treu bleibt: Er ist der Sohn des Mannes, dem es in den glorreichen Jahren seines Bestehens gehörte. Wir haben mit Marois gesprochen, der uns geholfen hat, die dreistufige Saga nachzuvollziehen, die das heutige Les Bains hervorbrachte.
Die frühen Tage: Les Bains Guerbois — 1885
Das Abenteuer beginnt zum Ende des 19. Jahrhunderts. François Auguste Guerbois eröffnet das Café Guerbois, das heute als der berühmte Treffpunkt der frühesten Impressionisten bekannt ist. Man stelle sich vor wie sich Zola, Degas, Renoir, Sisley und Cézanne – bekannt als die Gruppe Batignolles – um Monet versammeln und auf einer Caféterrasse eine deftige, künstlerische Debatte führen.
Dies ist nicht Les Bains. Es ist jedoch das Sprungbrett, von dem aus Monsieur Guerbois ein anderes Projekt in Angriff nimmt: die Schaffung des schönsten Bades der Hauptstadt.
Guerbois wählt das Herz des 3. Pariser Arrondissements, das Marais-Viertel, und beauftragt den Architekten Eugène Ewald mit der Errichtung eines prächtigen Steinbaus. Er füllt es mit heißen Bädern und der Erfolg stellt sich sofort ein: Les Bains Guerbois wird zu einem Pariser Hotspot. Zu den Stammgästen der nebligen heißen Bäder gehören Männer wie Proust, die brillante Batignolles-Gruppe und die übrige Creme der Belle Époque.
Auch in der nächsten Iteration sollte das Prestige der Kundschaft nicht abnehmen.
Die glorreichen Tage: Les Bains Douches — 1978
In diesen Jahren beginnt das zweite Leben von Les Bains, mit dem gleichen außergewöhnlichen Erfolg. In den 1970er Jahren kauft der Vater von Jean-Pierre Marois das Gebäude von der Familie Guerbois und vermietet es, wobei er dabei zusieht, wie seine Mieter den veralteten Raum in einen Konzertsaal mit Restaurant und Nachtclub verwandeln.
Während der Blütezeit des Studio 54 in New York wird Les Bains Douches zu einer eigenen Pariser Version und stellt eine Revolution im Pariser Nachtleben dar.
“Die Musik, vor allem der Punk, war das erste Tor zu dieser kantigeren Welt”, sagt Jean-Pierre Marois, der dort ab seinem 15. Lebensjahr Konzerte besuchte. “Das war es, was Les Bains anbot. Es war bissiger, schwefliger, radikaler als alles, was ich bisher erlebt hatte.”
“Das hat mich ein oder zwei Dinge gelehrt”, erinnert er sich lachend.
Zwischen einem Privatkonzert von Prince und einem Abendessen mit dem Manager der Sex Pistols trifft Marois alle seine Helden: die Rolling Stones, Joy Division, Jack Nicholson. In der Zwischenzeit teilen sich Modeikonen wie Thierry Mugler, John Galliano und Jean Paul Gaultier vielleicht einen Tisch im Hintergrund, während andere Berühmtheiten über die schachbrettartige Tanzfläche von Philippe Starck schweben. Über die Jahre hinweg bringt die Gästeliste des Nachtclubs jede A-Listen-Promiparty in Verlegenheit: die bereits erwähnten Warhol und Bowie sowie Catherine Deneuve, Robert De Niro, Sean Penn, Johnny Depp, Kate Moss, Karl Lagerfeld und so weiter und so fort…
“Der Ort war sowohl sehr ausgewählt als auch der Vielfalt gewidmet”, bemerkt Marois. “Er war sehr eklektisch. Die Türsteherin Marie-Line wählte die Kundschaft wie ein Maler auf seiner Palette aus.” Models und Medienpersönlichkeiten, Hip-Hop-Tänzer und Unbekannte – ausgewählt nach ihrem Geist und Stil – bewegten sich in die Menge hinein und aus der Menge heraus.
Die finale Erfindung: Les Bains Hotel
Zu Beginn der 2000er Jahre hatte der Club seine Blütezeit hinter sich und befand sich in einem ernsthaften Niedergang. In der Tat war die Struktur des Gebäudes selbst bedroht, und es blieb keine andere Wahl, als das Gebäude zu schließen und die Rettung durch eine umfassende Restaurierung herbeizuführen.
In dem Bestreben, den Club und das Restaurant mit seinen vielen Stockwerken zu retten und die Geschichte des Gebäudes zu bewahren, das sich seit Jahrzehnten im Besitz seiner Familie befindet, beschließt Jean-Pierre Marois, das Gebäude zu übernehmen. Und nachdem er bereits dazu beigetragen hat, einen Ort im 11. Arrondissement in das international gepriesene Hotel Gabriel zu verwandeln, ist ihm die Welt der Gastfreundschaft nicht ganz neu. Er ist bestrebt, Les Bains Douches in Les Bains Paris zu verwandeln, das heutige barocke, überirdische, luxuriöse Bohemian-Boutique-Hotel.
Das Les Bains war mit all seiner Geschichte “eine echte Institution des 20. Jahrhunderts”, erklärt Marois. “Die Herausforderung bestand darin, das Les Bains ins 21. Jahrhundert zu führen”. Marois wusste auch, dass er den bahnbrechenden Charakter des Les Bains nicht entehren wollte, indem er es in ein Museumsstück verwandelte oder es zu sehr in Richtung Mainstream drängte, und so machte er sich daran, einen Architekturwettbewerb zur Neugestaltung des Anwesens auszuschreiben und entschied am Ende, dass der mutigste Vorschlag auch der Beste war.
“Mir wurde damals klar, dass der Ort wirklich einer Metamorphose bedurfte. Nur in völliger Freiheit konnten wir ihn neu erfinden.”
Wie beim Filmemachen beginnt Marois sein Projekt damit, dass er sich mit hochkarätigen Talenten umgibt: Vincent Bastie (mit etwa 80 Pariser Hotelrenovierungen in seiner Vita) für die Architektur. Tristan Auer (Le Crillon, Hôtel du Louvre) und Denis Montel für die Innenarchitektur. Alexander Kella vom Chateau Marmont für die Arbeit am Branding, zusammen mit einem berühmten japanischen Floristen und einem gefeierten Sternekoch. Gemeinsam arbeiteten sie daran, das Hotel dazu zu bringen, die Art von sensationeller Geschichte zu erzählen, die moderne Reisende dazu inspiriert, das Hotel immer wieder zu besuchen.
Während der ursprüngliche Saal und der chinesische Salon erhalten blieben, wurden die anderen Räume verwandelt, wobei jeder einzelne eine einzigartige Identität, Atmosphäre und Erfahrung bietet. Das kühne und spektakuläre Restaurant Roxo ist zum einen Teil eine typische Roaring Twenties-Lounge und zum anderen ein futuristischer Wirbelwind. Eine unwahrscheinliche Kombination, die durch die zeitgenössische minimalistische Weisheit, die alles miteinander verbindet, möglich wird. Unter der bemerkenswert geformten Raumdecke kreiert der brasilianische Küchenchef Bruno Grossi trendige Gerichte, in denen Klassiker nach Lust und Laune mit den feinsten Aromen aus aller Welt aufgepeppt werden.
In der angrenzenden Bar trifft man auf eine lebhafte Gesellschaftsszene und kommt in den Genuss der Rezepturen des besten Mixologen Frankreichs. Die Zimmer und Suiten hingegen bieten eine völlig andere Atmosphäre – sie sind aus den 1950er Jahren, sowohl wiederbelebt als auch auf das Wesentliche reduziert, hell und geräumig, gekennzeichnet durch geometrische Linien und funkelnde Farben.
Auch wenn die Ära von Les Bains Guerbois und Les Bains Douches in weiter Ferne zu liegen scheint, finden sich überall Hinweise auf die Geschichte des Ortes. Die denkwürdige Tanzfläche von Starck beherbergt heute das Restaurant. Die Räume sind mit Hammams ausgestattet, die an die Badehauswurzeln des Ortes erinnern, und auf der anderen Straßenseite verkauft eine Hybrid-Boutique namens Les Bains Guerbois eine Kollektion von Körperpflegeprodukten und Parfüms. Das alte Kurbad-Reservoir, ein 15 Meter hoher Turm, beherbergt heute einen privaten Speisesaal, einen der Lieblingsplätze des Eigentümers und einen, der die Romantik des alten Les Bains aus dem 19. Jahrhunderts wunderbar auf den Punkt bringt. “Ein Zufluchtsort im Stil von Jules Vernes”, sagt Marois. Auch das festliche Herz des Ortes bleibt erhalten: Jede Woche finden vier bis fünf Konzerte statt. Ein Musikfestival sowie regelmäßige Ausstellungen und Veranstaltungen lassen die Flamme seines künstlerischen Erbes und seiner illustren Kundschaft wieder auflodern.
Es ist ein Ort für Menschen, “die ihre Sinne beleben wollen”, resümiert Jean-Pierre Marois. Und da seine Geschichte sich über drei Jahrhunderten erstreckt, ist es vielleicht auch ein Ort für diejenigen, die sich nach der guten alten Zeit zurücksehnen. Oder wie es auf einer Wand im legendären Les Bains Paris steht, in Anlehnung an die Werke von Marcel Proust, “le temps perdu retrouvé”.
Wörtlich: verlorene Zeit zurückgewonnen.
Les Bains Paris
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Sobald das Reisen wieder möglich ist und Sie einen Trip nach Paris planen, sollten Sie unbedingt überlegen, ob Sie nicht einen Aufenthalt im Hotel Les Bains Paris, im 3ten Arrondissement (Le Marais) einlegen.