Feliz Navidad (Teil 1)

Weihnachten… In meiner Traumvorstellung, die etwa aussieht wie bei „Liebe braucht keine Ferien“, ist alles weiß und voller Schnee. Leider passt sich die Realität in Berlin nicht ganz an diese Wünsche an. Daher nehme ich dieses Jahr mein Schicksal selbst in die Hand und mache etwas ganz anderes. Ich kümmere mich um meinen Vitamin D-Spiegel und fliege in die Sonne.

So viele neidische Blicke konnte ich kaum ertragen. Als ich Freunden, Kollegen und Familie von meinem Plan berichte, mich dieses Jahr nicht mit der Dunkelheit und Kälte abzufinden, sondern die perfekt gelegenen Weihnachtstage für einen zweiwöchigen Urlaub zu nutzen, haben sich viele spontan als Reisebegleitung angeboten. Ich scheine also nicht allein zu sein, mit meiner Sehnsucht nach Licht und Sonne. Der Plan lautet wie folgt: 2 Tage Madrid, 10 Tage Teneriffa, 2 Tage Marrakesch und dann… vermutlich wieder Berlin. Vamos!

Mercado de Navidad – Plaza de Mayor
Mercado de Navidad – Plaza de Mayor

21.12.2019:

Noch nie im Leben hatte ich solche Angst im Flugzeug. Der Hinflug war auf Grund des heftigen Windes ziemlich turbulent. Zum Glück war der Pilot weniger beeindruckt davon als ich und ist souverän, wenn auch holprig, gelandet. Die milde Luft und die Nachmittagssonne machen die Turbulenzen schnell vergessen. Und das Taxi (sowohl Uber als auch Free Now funktionieren problemlos mit meinen Apps – schon praktisch wie klein die Welt mittlerweile ist) bringen uns ohne Holpern zum Hotel.The Pavilions, eigentlich eine Gruppe, die man aus dem asiatischen Raum kennt, hat im östlichen Teil der Innenstadt Quartier in einem noblen Gebäude bezogen. In der Lobby merkt man gleich worauf der Fokus in Madrid gerichtet ist: Kunst. Auch das Zimmer (unseres befindet sich ganz oben und bietet einen sagenhaften Ausblick von der noch sagenhafteren Terrasse) hat noch einiges in Sachen Kunst zu bieten: diverse Bildbände der großen Künstler bereiten einen perfekt auf die verschiedenen Museen vor. Dafür ist es heute zu spät, weswegen wir in die Markthalle Mercado de San Miguel ziehen. Bei so viel Auswahl fällt die Entscheidung schwer. Es gibt hunderte Tapas, richtig guten Wein und jede Menge Vermuth.

Mercado de San Miguel
Mercado de San Miguel
Mercado de San Miguel
Mercado de San Miguel

Auf dem Rückweg schlendern wir durch die wunderschön beleuchteten Straßen voller Menschen, die schon jetzt zu feiern scheinen. Eine Gruppe Nonnen trägt eine kleine Figur des Jesusbabys durch die Stadt, das jeder berühren kann, der möchte. Fast schon wie Weihnachten…

Straßen von Madrid mit festlicher Beleuchtung
Straßen von Madrid mit festlicher Beleuchtung
Straßen von Madrid mit festlicher Beleuchtung
Straßen von Madrid mit festlicher Beleuchtung

22.12.2019:

Man könnte sich im Fitnessstudio ein bisschen warmlaufen. Man könnte aber auch im Bett liegen bleiben, sich einen Kaffee machen und die aufgehende Sonne betrachten. Wir sind schon richtig im Ferienmodus und wählen Variante 2. Nach einer ausgiebigen Dusche (Ich weiß, dass man ein Hotel eher am Service, der Lage oder der Qualität der Betten bemisst, aber all das ist bei The Pavilions selbstverständlich hervorragend. Herausragend war für mich der mit Olivenkernen gespickte Schwamm: noch nie hat sich meine Haut außerhalb eines Hammams so gut angefühlt.) stärken wir uns mit einem leckeren Frühstück in dem gemütlichen Wintergarten des Hotels.

Pavilions Madrid boutique hotel in the Madrid
(Frühstücks-) Wintergarten The Pavilions

Und dann geht es endlich los. Heute stehen zwei Museen auf dem Programm. Zunächst geht es in das Museo Nacional Thyssen-Bornemisza. Weil es noch recht früh ist, kommt man ohne lange Wartezeit rein und kann sich mit einem Audioguide bewaffnet (die 5 Euro lohnen sich) durch die Epochen der Kunstgeschichte arbeiten. Neben Klassikern, die live und in Farbe tatsächlich noch beeindruckender sind als die Drucke in den Bildbänden im Hotel, entdecken wir viele uns noch unbekannte Werke. Dank des Audioguides ist mir sogar der Kubismus zum ersten Mal besser verständlich. Am besten gefällt mir jedoch „Thirty-three Little Girls set out for the White Butterfly Hunt“ von Max Ernst.

Max Ernst
„Thirty-three Little Girls set out for the White Butterfly Hunt“ von Max Ernst im Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid

Die Mittagspause verbringen wir im nahegelegenen Parque de El Retiro. Hier gibt es verschiedene Imbissbuden für einen kleinen Snack und ein Getränk. Im Sommer lässt es sich auf dem kleinen See sicherlich schön rudern. Der Winter scheint trotz der angenehmen 16 °C für die Madrilenen nicht die geeignete Jahreszeit dafür zu sein. Die Menschen flanieren lieber auf den Wegen und lassen sich von verschiedenen Straßenkünstlern unterhalten. Wir haben zum ersten Mal den Eindruck, eines touristischen Programms, wie man es sonst aus Paris oder London kennt.

Gestärkt ziehen wir weiter gen Prado. Wir sind vorbereitet und haben vorab Online-Tickets erworben. Allerdings ist es heute verhältnismäßig leer, weswegen wir wohl auch einfach so eine Eintrittskarte bekommen hätte. Der Prado ist für uns wesentlich unübersichtlicher, aber nicht weniger beeindruckend. Riesige Gemälde füllen ganze Wände aus. Man könnte ein und dasselbe Bild stundenlang betrachten. Das gilt nicht nur für die Werke von Hyronimus Bosch, die wie Wimmelbilder auf Speed aussehen. Natürlich führt kein Weg vorbei an Goya, dessen Werke in allen Stockwerken, sowie der Sonderausstellung gezeigt werden. Obwohl es verhältnismäßig winzig ist, fasziniert mich am meisten das Bild zweier kämpfender Katzen (Riña de gatos). Was ist wohl der Hintergrund dazu?

Leider sind die Regeln im Prado wesentlich strenger, so dass Fotografieren (auch ohne Blitz) nicht erlaubt ist. Vermutlich kann man die riesigen Gemälde aber sowieso nicht einfangen. Nach dem obligatorischen Abstecher in den Giftshop – ich liebe es Postkarten zu schreiben – geht es endlich wieder raus an die frische Luft. Madrid ist im Vergleich zu anderen Hauptstädten gut zu Fuß erkundbar. Wir lassen uns durch die Straßen treiben und landen in der Alimentacion Quiroga, einem Gemischtwarenladen mit Bar.

Cheese
Alimentacion Quiroga

Todesmutig bestellen wir die Käseplatte mit dem extrareifen Käse und freuen uns über unseren Mut. Zusammen mit dem Rotwein – wir bestellen einfach, was alle anderen auch trinken – schmecken die unterschiedlichen Käsesorten mit Trauben, Oliven und Walnüssen wirklich hervorragend. Ich traue mich sogar an den Blauschimmelkäse mit Trüffelhonig und bin überrascht, wie die Süße des Honigs die sonst so abschreckende Schärfe mildert.

Platea Madrid
Platea Madrid

Weil wir kein zweites Mal in die Markthalle gehen möchten, suchen wir ein Weilchen, nach einer Alternative. Abgesehen vom Ticket für den Prado sind wir kaum vorbereitet und suchen uns die Lokale nach Stimmung und nicht nach Reiseführer aus. Schon fast wieder beim Hotel angekommen, machen wir einen großartigen Zufallsfund. In einem Gebäude, dass wir für ein Einkaufszentrum gehalten hatten, tut sich ein riesiger Club, mit verschiedenen Bars und kleinen Restaurants auf, das Platea Madrid. Ein DJ heizt das Publikum an, Wein und Vermuth fließen in Strömen und die Tapas sorgen fürs Durchhaltevermögen. Hier kann der Tag auf perfekte Weise ausklingen.