Hotels sind nicht mehr so einfach wie sie einmal waren. Die besten von ihnen haben sich in Darstellungsorte verwandelt, die es den Gästen erlauben, Stars ihrer eigenen schauspielerischen Produktion zu sein – ein komplett anderes Leben an- bzw. auszuprobieren und sei es auch nur für eine Nacht.
In Part 1 dieser Serie haben wir erkundet wie herausragendes Innendesign Hotels hervorgehoben hat, wie sie sich dadurch in eine Art Darstellungsort verwandelt haben, an dem die Gäste ein komplett anderes Leben ausprobieren können. Der alte Spruch könnte noch immer wahr sein, dass wo immer man auch hingeht dort auch ist – aber wir wissen auch, dass Settings wie diese gar nicht anders können als eine Person zu verändern. Reisen verändert – was wäre sonst der Sinn, oder? Unsere Untersuchungen gehen dieser Frage noch intensiver in Part 2 nach.
PART 2: GEHT DER BLICK NACH INNEN ODER AUßEN?
Innerer Sonnenschein
Als Tablet auf den Markt kam, war der vorherrschende Look der Boutique-Hotels eine Art glänzender Minimalismus. Seit einiger Zeit hat sich dieses Design in eine wohnlichere, gemütlichere Richtung, irgendwie easy-going, verändert. Stellen Sie es sich als eine Mischung aus einer modernen Version der Ornamente der viktorianischen Ära und einem bewussten Mix von Stilrichtungen vor. Allerdings nicht in einer formalen Weise, sondern praktisch ganz ohne Aufwand und Gehabe. Sie werden eine Weile bleiben, weswegen diese Hotels dafür sorgen, dass sie einiges zum Angucken haben, während Sie dort sind.
Palihouse West Hollywood nimmt das ganze “try on a new life” Ding wortwörtlich. Hierbei handelt es sich um ein Hotel, in dem man ausgedehnte Aufenthalte verbringt. Die Einrichtung unterscheidet sich nicht besonders von den professionell eingerichteten Appartements in L.A., von denen man denkt, dass sie nur in Filmen existieren. Das Design ist ziemlich stylisch aber noch immer bodenständig und nahbar. Wie die erfolgreichsten Künstler in Hollywood ist es attraktiv und charmant und dennoch mit einer ausreichenden Portion Bescheidenheit ausgestattet.
In Portugal finden Sie eine ähnliche Kombination – und ebenso eine unglaubliche Menge an Treibholz, wie um zu zeigen, dass diese tadellos designten Boutique-Hotels eines Tages einfach so an den Strand gespült wurden und zwar genau so stylisch wie sie jetzt sind. Dies ist eine Erinnerung daran, dass Urlaub dafür da ist, um leicht auszusehen. Und sollte das noch nicht ausreichend klar sein, erklären das Areias do Seixo Charm Hotel & Residences und das Luz Charming Houses ihr Anliegen praktisch im Namen. Entspannter Komfort ist das Hauptanliegen dieser beiden Hotels mit rustikalen Kaminen in jedem Zimmer im ersten Hotel und cleveren, kleinen Küchen im zweiten.
Unglücklicherweise ist ein rau-romantischer Stil in Playa del Carmen nicht wirklich geläufig. Das Hotel La Semilla bringt allerdings einige Argumente, die dafür sprechen, dass es so sein sollte. Hierbei handelt es sich trotz allem um eine mexikanische Strandstadt – die Atmosphäre der schillernden Resorts, die in dieser Region gut besucht sind, sucht man hier vergebens. Weder die Einrichtung noch das Äußere im La Semilla ist perfekt und das soll auch nicht sein. Die Besitzer setzen auf Charakter, Eklektik und eine wirklich persönliche Note anstelle von Glitzer, Glanz und Pizza. Das klingt perfekt in unseren Ohren.
Während einiges in Palm Springs verständlicherweise auf den disziplinierten Modernismus aus der Mitte des letzten Jahrhunderts setzt, der hier berühmt wurde, ist die Stadt dennoch eine Oase inmitten der wilden, natürlichen Umgebung, die von Bergen, Wüsten, heißen Quellen und sogar atemberaubenden Nationalparks geprägt ist. Wir stehen auf diesen Kontrast, aber die Sparrows Lodge schlägt einen anderen Weg ein und zollt dem Coachella Tal und dessen schroffer Natur Tribut. Das Gefühl ist irgendwie „Outdoor“, wie eine Ranch oder ein Sommerlager – das alles aber in einer vornehmen und gehobenen Version.
In den Zimmern des Rooms Hotel passiert so einiges und das meinen wir im besten Sinne des Wortes. Dies ist ein weiterer Beweis für die Post-Sowjet-Renaissance von Tiflis, der verführerischen Hauptstadt Georgiens. Leder und Holz, Stahl und Glas, Samt und Terra Cotta – all das vermischt sich auf wunderbare Weise, um ein üppiges Versteck zu bieten, das unverschämt und farbenfroh, aber niemals unelegant ist.
Vielleicht handelt es sich bei der unvergleichlichen Liz Lambert, um die einflussreichste Lieferantin dieses Trends, zumindest in der Hotelwelt. Das Spiel nahm jedenfalls eine andere Richtung auf, als sie das Hotel Saint Cecilia eröffnete und zeigte, wie sehr Hotelgäste eine Unterkunft wollen, die einen hohen Grad an Intimität bietet ohne dabei das Konto zu sehr zu belasten. Das Resultat ist ein luxuriöses Gästehaus, das handgefertigt und einwandfrei eingerichtet ist und von dem es kein zweites gibt.
Externer Konflikt
Einige Hotels sorgen schon durch die Einrichtung für ausreichend Unterhaltung. Aber was, wenn die Außenwelt so viel zu bieten hat, dass keine Einrichtung von Menschenhand damit vergleichbar ist? In solchen Fällen sollte die oberste Priorität des Designs darin bestehen einen würdigen Rahmen für diesen Anblick zu schaffen. Diese Hotels versuchen genau das umzusetzen und lenken das Auge vom Inneren auf die äußere Welt.
Die Ironie liegt darin, dass diese Hotels selbst alle schon so beeindruckend sind, dass es auch nicht schaden würde, sähe man vom Fenster direkt auf eine Steinmauer. Aber das Aman Tokyo wird trotz all seines inneren Charmes durch die schwindelerregende Aussicht auf die Stadt nur noch besser. Die modernen Zimmer des Hotels zollen den traditionellen japanischen Erfahrungen Tribut – die warmen, goldenen Töne passen ebenso gut in ein Ryokan und verbreiten einen beruhigenden Kontrast zu der geschäftigen, blau-grauen Stadt, die einem über 30 Stockwerke tiefer zu Füßen liegt.
Aman benutzt den minimalistischen Stil im Amangiri, dem Außenposten in Utah an den Ufern des Lake Powell, auf andere Weise. Hier spiegelt die Inneneinrichtung das Äußere wider: Betonwände, raue Holzmöbel und Fenster, die sich so weit öffnen, dass es schwer ist den Übergang von drinnen nach draußen festzustellen. Es ist eine sinnvolle Wahl. Schließlich ist man nicht den ganzen weiten Weg in die Wüste gefahren, um das Gefühl des Abgeschnittenseins zu vermeiden oder sich den halben Tag vor den außerirdischen Landschaften zu verstecken.
Wenn es um unglaubliche Ausblicke geht, toppt ein bisschen blau so gut wie alles. Die drei oben gezeigten Hotels überblicken drei beeindruckende Meereslandschaften und zeigen drei beeindruckende Wege eine umwerfend gute Aussicht zu unterstützen ohne selbst zu sehr in den Hintergrund zu treten.
Das Hotel San Cristobal nennt ein sehr begehrtes Stück Land in Todos Santos, einem hippen Fischerdorf auf der mexikanischen Halbisnel Baja, sein Eigen. Direkt am Pazifik bieten die Zimmer mit Meerblick den Rahmen für eine Szenerie, die mit ihrer blauen und weißen Abstraktion an Rothko erinnert. Es handelt sich hier um ein weiteres Projekt von Liz Lambert, in dem ihr leichtfüßiger Stil voll zum Tragen kommt – so sehr, dass man den ganzen Tag auf dem Sofa liegen könnte, anstatt sich auf den Weg zum Meer zu machen, dass sich nur wenige Schritte entfernt befindet.
Ähnlich verhält es sich im Aigialos in Griechenland, das das Wohlbefinden noch weiter treibt, indem es einem erlaubt, seine Phantasien einer eigenen, mit Antiquitäten ausgestatteten Villa aus dem 18. Jahrhundert auf den Klippen von Santorini auszuleben und jeden Morgen mit dem Panorama des Ägäischen Meeres aufzuwachen.
Sollten Sie etwas Moderneres und weniger lässiges präferieren, liefert das Six Senses Con Dao eine spartanische und ordentliche Szenerie. Aber seien sie gewarnt! Auch hier in diesem komplett ausgestatteten Luxusresort spielt sich einiges hinter den Kulissen ab. Vor allem, wenn man die frische Luft des Ost-Vietnamesischen Meeres und den privaten Butler bedenkt.
Vielleicht denken Sie bei unvergleichlichen Aussichten auch an Wasser in einer anderen Form: die Form, die die felsigen Bergspitzen bedeckt. Aus den folgenden zwei Gründen kann man Ihnen daraus keinen Vorwurf machen. Wir verbringen viel Zeit damit über die Abgeschiedenheit nachzudenken, die sich im Awasi Patagonia finden lässt und Sie sollten es uns nachtun. Das Leben hier ist Hüttenleben in Reinform – die absolut perfekte Balance zwischen einsamem, rustikalem Charme und modernem Glanz mit einer perfekten Portion Luxus. Nichts hier ist unnötig und alles arbeitet daraufhin die unmöglichen Aussichten zu verstärken. Es ist nahezu buchstäblich ein Traum.
Mitten in den französischen Alpen befindet sich die Ski-Resort-Stadt mit der höchsten Höhenlage und dort ist auch das Altapura beheimatet. Hier wird Einsamkeit gegen Glamour ausgetauscht und die Materialien eines klassischen Ski-Chalets finden Verwendung – hölzerne Balken, Tierfelle und sogar Tierpräparate – und werden auf eine irgendwie post-moderne Weise eingesetzt, was sich gleichzeitig kuschelig und innovativ anfühlt. Es ist ein Drahtseilakt, der einen jedoch zu keiner Zeit vom Hauptevent ablenkt, das draußen vor den übergroßen Fenstern stattfindet.
Zum Schluss, wenn man es kaum zu hoffen wagt mit der Welt da draußen konkurrieren zu können, holt man diese einfach rein. So zumindest ist die Herangehensweise in Keemala in Thailand, wo ein Wunderland in den Baumwipfeln geschaffen wurde. Bei den eleganten Unterkünften verschwimmt die Trennung von Baumkronendach und Unterkunft. Aus dieser Vogelperspektive lassen sich der Blick auf den Wald und die Andaman-See aufs Beste genießen.
Was bevorzugen Sie? Den inneren Sonnenschein oder den externen Konflikt?